Gefunden beim Bachheimer
08.10.2022
Leserzuschrift - Der Bondaffe
"„CS Schweiz verstaatlichen, Rest fallenlassen“
https://www.youtube.com/watch?v=5Wv2osEtfq4
Gute Idee, den "Inlandteil der Credit Suisse herauslösen". Wie soll das gehen? Die CS ist ein Global Player und eine systemrelevante Bank. Die „Perlen“ löst man heraus und den Rest lässt man wen? Das wäre zu einfach und zu schön. So geht das nicht.
In den letzten Jahren stellte sich immer die Frage, welche systemrelevante Bank das internationale Finanzsystem zum Einsturz bringt? „Too big to fail“, war das Motto. Angesichts der Derivatevolumen, die da in den Büchern und Bilanzen bei allen Global Playern schlummern, kommt es nur darauf an, wer zum Schluß den „Schwarzen Peter“ in Händen hält.
Aktuell: am 28.09.2022 hatte ihn die „Bank of England“, aber das ist eine Zentralbank und die kann sich ihr Geld selbst drucken. Die BoE hat den britischen Staatsanleihenmarkt mit enormen Finanzspritzen zeitweilig retten können und den Marktakteuren und Anlegern kurzzeitig Luft verschafft. Also zeitweilig, genauso wie bei den Corona-Impfstoffen. Da spritzt man auch, hilft aber scheinbar wenig.
Gleich darauf kamen die alten Probleme mit der Credit Suisse wieder hoch und plötzlich sind diese Probleme hochaktuell (und das britische Bankendesaster vergessen, welches dann im Hintergrund verschwindet).
Wie hatte es soweit kommen können bei der Credit Suisse bzw. den Global Playern?
In diesem Szenario gibt es hochinteressante Stellschrauben.
- Die eine wäre der globale Zinsanstieg, der letztes Jahr, also 2021, begonnen hat. Da gibt es viele Stellschrauben für Verlustpositionen in den Bankbilanzen, auf die ich aber nicht eingehen möchte. Ich möchte auf eine strategische Veränderung hinweisen, nämlich diesen Zinsanstieg.
In den Jahren zuvor, seit Lehman 2008, kannten die Zinsen und Bondrenditen nur eine Richtung: nämlich langfristig abwärts. Darauf hat sich „das System“ eingependelt. Sagen wir 12 Jahre lang, von 2009 bis 2021. Da wurde ZINS-Derivatepositionen abgeschlossen und Inhalte/Bedingungen vereinbart, die genau auf diesen Mechanismus und Anlagestrategien (natürlich auch Computer-gestützt und berechnet) beruhten. Nämlich fallende oder stagnierende Zinsniveaus, asogenannter „Zinsstrukturkurven“. Alles war sozusagen „eingestellt“, wie bei einem Kranken, der seine Medikamente bekommt. Das System lief in diesem Zustand in sich rund. Die „Marktakteure“, sprich institutionelle Anleger und weltweit tätige Investoren, kannten nur dieses Umfeld. Gleichzeitig kamen auch neue Portfoliomanager im Bondbereich nach. Junge Leute, die einen Zinsanstieg nicht kennen. Die wissen gar nicht, was das ist? Das passt nicht in deren Denkweise. Einen Zins-/Renditeanstieg mit allen daraus resultierenden Konsequenzen haben die noch nie erlebt. Das sind alles Bond-Jungfrauen.
Und dann kommt dieser Zins- bzw. Leitzinsanstieg daher. Doch zu allererst stiegen die Bondrenditen, unbemerkt und unerwartet. Bevor die Zentralbanker überhaupt etwas gemacht haben. Denn die Zentralbanker ziehen in ihren Zinsentscheidungen nur nach.
So, und da schlummern also Derivatepositionen in den Büchern, die eben auf diese alte langfristige Anlagestrategie ausgerichtet sind. Kommt es aber zu einem Anstieg der Zinsen und Renditen (und damit zum Gegenteil des „normal Erwartbaren“) produzieren diese Derivatepositionen nur eins: VERLUSTE, auch in gehebelter Form mit kurzen, hohen Nachschusspflichten. Dem sieht sich nicht nur die CS gegenüber. Da müsste man mal fragen oder recherchieren, wie es den bei anderen Global Playern aussieht? Ganz klar, die ducken sich. Die haben die gleichen Probleme. Die möchten nur nicht als Katastrophen-Schlagzeile in den Medien stehen. Die wollen nicht als Buh-Mann auf Seite 1 gebrandmarkt werden.
Und der Zins-/Renditeanstieg geht weiter auf globaler Ebene und dann müssten die verlustbringenden Derivatepositionen glattgestellt werden. Mit einem Gegengeschäft. Aber das Gegengeschäft kostet auch wieder viel Geld.
Jetzt muß man die Frage stellen, wer überhaupt bei äußerbörslichen Geschäften in diesen Positionen und Dimensionen bereit wäre, eine entsprechende Gegenposition einzugehen? Und darum wird das mehr als teuer werden, sich von diesen verlustbringenden Positionen zu lösen. Und es muß schnell gehen, denn die Marktzinsen/Renditen steigen schnell. Aber die meisten „Profis“ sind träge, gerade im Bondbereich.
Kommen wir zurück zum Youtube-Video mit dem Schweizer Bankenprofessor Hans Geiger und der Aussage: „Reissen alle Stricke, muss Bern den zwingend nötigen Inlandteil des Multis mit Steuergeld kaufen und aus der Gruppe herauslösen, sagt Hans Geiger. Alles Andere sei dann nicht mehr das Problem der Schweiz.“
https://www.youtube.com/watch?v=5Wv2osEtfq4
So wird das nicht gehen. „Wasch’ mir den Pelz, aber mach’ mich nicht nass“, das haut nicht hin. Wieso soll ein Investor Verluste übernehmen, nur auf dass „die Schweiz“ gut da steht? Das ist eher umgekehrt. Die Schweiz ist enorm reich, das ist „mega-viel“ Geld da. Warum nicht diese Kuh um viel Geld erleichtern. Die Schweizer haben’s doch!
Das wird dann wohl so gehen. Der „gute Teil der CS“, der nach dem aktuellen und schnellen Verkauf der Portfolio- und Investment-Juwelen an die gierigsten Haie und Geier (hauptsächlich angelsächsischer Prägung) übrig bleibt, darf als selbständige Einheit weiterwursteln. Aber ohne internationale Bedeutung. Die dürfen zuerst auf nationaler Ebene ihre Wunden lecken und ihre Kunden ebenfalls. Will heißen, die Kundschaft wird bezahlen und manch schöne Kreditsicherheit der Kunden werden verwertet werden. Oder wandern in den Bestand der Bank. Vielleicht wird auch umfirmiert und die neue Bank wird eher schlicht.
Perlen gibt es bei der CS übrigens in den verschiedensten Bereichen.
https://insideparadeplatz.ch/2022/10/07/...ramscht-perlen/
Dann wird die Zentralbank einspringen und der „schlechte Anteil“ in eine „Bad Bank“ ausgelagert. Der wird von der Schweizer Zentralbank kontrolliert. Aber vorher muß die Schweizer Zentralbank retten, und das kostet sehr viel Geld. Wer will schon den Ramsch an alten, verlustbringenden, eigentlich „stinkenden“ Derivaten? Derivate zeichnen sich auch dadurch aus, dass sie nicht „standardisiert“ sind. Will heißen, ein Teil der Derivate kann nicht über eine funktionierende Wertpapier-Börse glattgestellt werden, weil es sich um außerbörsliche Vereinbarungen, sprich Verträge, handelt. Das dauert, aber die Zeit dürfte nicht da sein. Denn es fallen Bewertungsverluste an, die einen Nachschuss erfordern. Ganz zu schweigen von der Verwertung von Sicherheiten.
So oder so ähnlich könnte eine Rettungsaktion vor sich gehen. Wieviele Verluste produzieren diese Derivate überhaupt? Und zwar in Schweizer Franken?
Damit kommen wir zu Punkt 2
- Wenn der Rettungsspaß mehr Milliarden Schweizer Franken kostet als sich das Land leisten und die Zentralbank drucken kann und dies gleichzeitig in einem globalen Zinssteigerungsmodus mit zweistelligen Inflationsraten stattfindet, dann steht plötzlich die „Währung Schweizer Franken“ im Mittelpunkt. Und alle fragen sich, ob dieser aktuelle, extrem hohe Franken-Kurs gerechtfertigt ist? Und dann könnte plötzlich der Schweizer Franken im Wert nachgeben, im Kurs runtergehen und an Wert verlieren. Der „Sichere Hafen Schweiz“ wäre plötzlich kein sicherer Hafen mehr.
Also, ist das CS-Debakel der Auslöser und der Beginn einer lang anhaltenden Schweizer Franken Schwäche? Denn die Schweiz ist von den Größenverhältnissen klein und auch von der Bevölkerungsanzahl niedrig. Im Vergleich mit Deutschland/BRD-Verwaltung zum Beispiel.
Wenn dann schlaue Strategen auf die Idee kommen das ganze durchzuspielen und durchzurechnen, kommen die vielleicht auf die Idee einer KAPITALFLUCHT AUS DER SCHWEIZ? Und wer wäre der Gewinner? Der US-Dollar natürlich. Und die Amerikaner. Auf Kosten des wohlhabenden Europa. Die Schweiz käme als letztes dran, denn Deutschland wird gerade tranchiert.
„Rette sich wer kann“, heißt es plötzlich und man kann das nachvollziehen. Wer jetzt Schweizer Franken verkauft, bekommt aufgrund der Währungsstärke des CHF verhältnismäßig viele USD oder EURO ausbezahlt. Jetzt bekommt man einen USD für einen Schweizer Franken. Wer etwas später kommt, bekommt vielleicht nur noch 0,90 oder 0,80 USD für einen „Stutz“ (= CHF).
Es gibt außerdem ein besonderes Problem, welches alles nur verstärken könnte. Nämlich die so genannten Carry-Trades. Man nimmt einen Kredit in einer Währung mit niedrigem oder allerniedrigsten Zinsniveau auf (in der Vergangenheit waren das immer die Schweiz und Japan) und legt gleichzeitig dieses Geld in einer Währung mit höheren Zinsen an. Im Moment ist wer wohl äußerst attraktiv? Natürlich, der US-Dollar.
Da gabe es dann verschiedene Effekte, die sich durchaus in Verwerfungen am Zins- und Währungsmarkt äußern könnten. Dann stünde nicht mehr die Zinsdifferenz Schweiz-USA im Vordergrund sondern eine klassische Währungsspekulation. Und wenn der Trend eines schwächeren Schweizer Franken erst einmal läuft, dann ist er gemäß der Formel „The trend is yout friend“ nicht mehr zu stoppen.
Wie sich das auswirken könnte, ist wirklich schwer zu sagen. Kredite in Schweizer Franken würden aufgrund Währungsabwertung attraktiv werden, gleichzeitig macht eine Anlage in Schweizer Staatsanleihen keinen Sinn mehr. Die Schweizer Staatsanleihen würden verkauft, der Schweizer Franken Kurs würde weiter fallen und die Renditen weiter steigen, was zusätzliche Kursverluste bei den Anleihen beschert. Die Japaner könnten, wenn sie es geschickt machen, als Profiteure dieses Finanzabenteuers hervorgehen. Oder aber auch von den gierigsten Haien und Geiern (hauptsächlich angelsächsischer Prägung) mit ausgeschlachtet werden.
Schwer zu sagen, aber höchst interessante Konstellationen. Alles ist möglich.
Und wieder sehen wir, dass Risikomanagement-Systeme nichts taugen. Zumindest scheint das bei den meisten der Fall zu sein. Ganz klar, wenn sich diese errechneten Risikokennzahlen auf Werte und Zahlen aus der Vergangenheit beziehen. Mit der Vergangenheit kann man die Zukunft nicht berechnen. Jetzt haben alle den Salat in Auftrag gegeben und er wird bestimmt geliefert.
Noch wäre es Zeit auszusteigen. Aus Schweizer Staatsanleihen auf hohen Kursniveau und dem Schweizer Franken, ebenfalls auf hohem Kursniveau. Aber wer tut das schon? Zahlen im Endspiel alles die Schweizer? Oder wird nochmals alles wieder gut. Bis zur nächsten Runde „Schwarzer Peter“.